ACAB - schon klar. Immer
wieder kommt es zu Begegnungen mit der Polizei. Mal fast schon nett,
manchmal eher komisch, doch in den meisten Fällen eher unangehm. Und
damit ist keine Routinekontrolle eines Autos, einer Wohnung ("Gefahr im
Verzuge") oder Person gemeint...
I faught the law and law won

Unangefochten auf Platz 1 meiner Liste steht die
Nacht vom 4. auf den 5. Juli 2009.
Am Abend des Schanzenfestes, meinte eine Gruppe Cops
von der BFE Eutin, das Jolly Roger stürmen zu
müssen. Angeblich weil sich dort Straftäter
verstecken würden. Eine famose Lüge, hatten die
Jolly-Besucher doch eben erst einige
"Krawall-Touristen" vom Fußweg vor der Kneipe
aufgefordert sich doch "bitte zu verpissen!" - ja,
mit dem Wort "bitte"... Zunächst dann reichlich
Knüppellei und es wurde Pfefferspray eingesetzt,
dass ein Pfeffersteak neidisch werden würde. Die
Robo-Cops stürmten dann in die Kneipe, - und gleich
wieder raus, denn auch denen war die Luft zu scharf
gewürzt.
Es folgte ein Katz- und- Maus- Spiel rund um den
Paulinenplatz. Gegen drei Uhr maschierte eine Truppe
Behelmter ca zwei, drei Meter im Gänsemarsch an mir
vorbei. Ich stand an der Einmündung der
Paulinenstraße / Ecke Budapester Straße, als sich
der letzte Scherge plötzlich zu mir drehte und mir
sein Tonfa ins Gesicht schlug.
Ich ging sofort zu Boden und spuckte Reste von
Zähnen und Blut aus. Nach einer Weile rappelte ich
mich auf und torkelte benommen nach Hause.
Was dann geschah, weiß ich nur rudimentär. Ich habe
wohl geduscht, da ich mir buchstäblich in die Hose
geschissen hatte. Beim anschließenden Blick in den
Spiegel dann die Gewissheit: Die vier oberen
Schneidezähne waren nicht mehr da, wo sie sein
sollten und der linke Eckzahn wackelte bedenklich.
"Dank" des Schocks spürte ich wohl keinerlei
Schmerzen. Ansonsten kann ich mir nicht erklären,
dass meine Freundin ein Foto von meiner ramponierten
Visage machte, ich dieses bearbeitete und samt einem
Post im St. Pauli-Forum ("Bullen stürmen Jolly und
Zähne weg") veröffentlichte. Von all dem weiß ich
absolut nichts.
Auch meine Erinnerungen an den folgenden Tag sind
eher spärlich. Ich weiß, dass ein Freund mit einer
Batterie an Schmerzmitteln kam. Ebenso erinnere ich
mich vage daran, dass mich meine Freundin bei der
Runde mit dem Hund auf eine Werbung auf einem
HVV-Bus hinwies: "Zahnklinik Medeco - auch am
Sonntag geöffnet".
"Willst du jetzt dahin?", fragte sie, doch ich
wollte bzw konnte nicht. Ab Montag folgte eine
zweimonatige Odyssee zwischen meinem Zahnarzt und
dem UKE, bevor ich dort einen OP-Termin bekam. Der
wurde allerdings nochmals um zwei Wochen verschoben.
Ich leide seitdem unter einer posttraumatischen
Belastungsstörung (PTBS), war mehrfach in
psychotherapeutischen Behandlung und bekam
Antidepressiva verschrieben...
Nach fünf (!) Jahren kam es zur Verhandlung vor dem
Zivilgericht, da ich die Stadt Hamburg als
zuständigen Dienstherrn auf Schmerzensgeld und
Schadensersatz verklagte. Um es kurz zu machen: Ich
bekam kein Recht, die Ungerechtigkeit hatte gesiegt.
Oder um es mit "The Clash" zu sagen: "I faught the
law, and law won".
Nun nähert sich der zehnte Jahrestag und mir geht's
immernoch beschissen!
Spiegel-TV brachte im Februar 2011 einen sehr guten
Bericht: "Gefahrengebiet - der Kampf um den Kiez"
mit einigen (un-)schönen Aufnahmen am Jolly >KLICK
Chapeau!
Zu der skurrilsten Szene mit der Polizei kam es nach
dem WM-Finale 1990. Im Siegestaumel wollten etliche
Nazis / Hooligans die "Häuser an der Hafenstraße
räumen"! Mit einigen Freunden kreutze ich die
Reeperbahn in Richtung Hafen. Plötzlich hinter uns
Hektik und wildes Gelaufe. In der Silbersackstraße
hefte sich eine Gruppe selbsternannter
"Nationalistische Ordnungshüter" an unsere Fersen
und holten schnell auf. An der Ecke Balduinstraße
standen ca 20 Beamte. Es war das erste Mal, dass ich
sie mit dem Rücken zu den Hafenstraßen-Häusern sah!
Als sie uns auf sie zurennen sahen, öffneten sie
kurz ihre Kette, ließen uns durch und versperrten
unseren Jägern den Weg! Chapeau meine Herren, da
haben sie mal etwas richtig gemacht!
Schweigend zum Stadion
Eine andere Szene, in der ich über die Anwesenheit
der Uniformierten mehr als froh war, ereignete sich
im Frühjahr 2010: Mit meinen Mit-Autoren Folke und
Mike, sowie dessen Freundin Julia waren wir auf
Autoren-Lesungs-Tournee und zu zwei Auftritten nach
Leipzig eingeladen worden. Der eine war auf der
Leipziger Buchmesse, der andere bei den Jungs und
Mädles von "Roter Stern Leipzig" in deren
"Fischladen" im Stadtteil Connewitz.
Am Freitagabend zuvor spielten unsere Kiezkicker in
Cottbus. Das lag mit einem kleinen Abstecher auf der
Route und wir buchten Hotelzimmer unweit des
"Stadions der Freundschaft". In weiser Voraussicht
hatte Julia einen Parkplatz in der hoteleigenen
Tiefgarage für mein Auto gebucht, auf dessen
Motorhaube ein schöner Stern mit dem Logo "Viva St.
Pauli" prangte.
Nachdem wir die Zimmer mit unserem Gepäck versehen
hatten, machten wir uns auf den Weg zum Spielort.
Gleich an der ersten Straßenecke saßen und standen
vor einem Lokal gut zwanzig Gestalten, mit denen man
nicht unbedingt Kochrezepte austauschen wollte.
Einige blickten kurz zu uns absolut "zivil"
Gekleideten. Mike und Julia waren als Paar gut zu
erkennen, mich und Folke hielten sie wohl ebenfalls
für ein Pärchen, was vielleicht an Folkes langen
Haaren gelegen haben mag.
Wir mischten uns unter eine Gruppe Rentner mit
Cottbus-Schals und maschierten weiter gen Stadion.
Schon von Weitem sahen wir wohl so um die 100
"Erlebnisorientierte", an denen wir unweigelich
vorbei mussten. Eine Reihe Cops standen zwischen
denen und uns, doch mir ging ganz gehörig die Pumpe.
Mike flüsterte "Ruhig Hossa, gleich haben wir es
geschafft". Meine lapidare Antwort lautete: "Nicht
sprechen! Wenn die mitkiriegen, dass wir Hochdeutsch
reden, sind wir geliefert!". Wir verzichteten auf
unsere bestellten Pressekarten und kamen unversehrt
im Gästeblock an, wo wir freudig begrüßt wurden.
Unsere Ballkünstler gewannen das Spiel übrigens 1:0!
P.S.: Wir hätten uns den Weg durch die "Wilde Horde"
auch ersparen können, wären wir nur andersherum ums
Stadion gegangen...
Elf Stunden Skat statt 90 Minuten Fußball
Kommen wir zurück zu den eher unangenehmen
Situationen mit der Staatsmacht. Am 5. Juni 1986 war
ich auf der Anti-AKW-Demo in Brokdorf. Am Tag darauf
wollte ich am Millerntor die Braun-Weißen zum Sieg
schreien. Als ich von der Feldstraße kommend auf das
Heiligengeistfeld einbog, sah sich eine größere
Menschmenge, die sich gerade zu einem Demo-Zug
formierte. Doch konnte man gar nicht so schnell
gucken, da hatten die Cops die Menschen umstellt.
Ich wurde durch die dreireihige Polizeikette
geschubst und landete bei den Demo-Willigen.
Mist.Ich sprach einen Uniformierten an und versuchte
ihm klar zu machen, dass ich zum Fußball wollte und
nicht demonstrieren. Ein Knüppelschlag auf meine
Nieren sollte wohl "Nein" heißen.
Und so hörte ich unsere Jungs zwar siegen, doch auch
ohne sie zu sehen. Stattdessen spielte ich die
nächsten elf Stunden mit drei weiteren Gefangenen
Skat. Solange dauerte die "Ingewahrsamnahme" unter
freiem Himmel und sommerlichen Temperaturen. Und das
alles ohne Wasser, geschweige denn Bier. Doch das
war vielleicht auch gut so, denn Toiletten gab es in
dem - als "Hamburger Kessel" in die unrühmliche
Geschichte der Hamburger Polizei eingegangenen
"Lager" -
leider nicht...
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